Der digitale Datenraum – welche Risiken hat er für Sie als Verkäufer oder Käufer von Immobilien oder Gewerbebetrieben? Adobe Stock von Ticha
26 Oktober

Der digitale Datenraum – welche Risiken hat er für Sie als Verkäufer oder Käufer von Immobilien oder Gewerbebetrieben?

Der Erwerb und die Veräußerung von Immobilien oder Gewerbebetrieben setzt die Beschaffung und Bereitstellung einer Vielzahl von Informationen voraus. In der Regel verlangt der Käufer vor Vertragsschluss die Zusammenstellung dieser Informationen, sodass er sich ein vollständiges Bild über alle von ihm für erheblich gehaltenen Tatsachen des Kaufgegenstandes verschaffen kann. Die bereitgestellten Informationen dienen auch als eine Kalkulationsgrundlage für den Kaufpreis und mögliche Risiken.

Die Informationen werden dem Kaufinteressenten in einem elektronischen Datenraum, der zu einem bestimmten Zeitpunkt eröffnet und geschlossen wird, zur Verfügung gestellt. Im Anschluss daran erfolgt die Unterzeichnung des Kaufvertrages.

Auch hier gilt der Grundsatz: Der Käufer fragt Informationen ab, die für ihn von Bedeutung sind. Der Verkäufer seinerseits hat auch eine – ungefragte – Pflicht zur Bereitstellung der Informationen, die bei verständiger Würdigung für einen umsichtigen Käufer von Bedeutung sein können, sei es bei seiner Kaufentscheidung oder bei seiner Kaufpreisbemessung. Dies gilt auch dann, wenn der Käufer diesen Umstand nicht ausdrücklich abfragt.

Dass diese wechselseitigen Pflichten zur Herstellung der entsprechenden Transparenz über den Kaufgegenstand häufig nicht beachtet werden - und welchen Umfang diese Pflichten haben - zeigt das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.09.2023 (AZ: V Z RA 77 / 22) in einer langen Reihe von Entscheidungen:

Die Verkäuferin richtete im Rahmen der Vertragsverhandlungen einen virtuellen Datenraum ein, auf welchen die Käuferin Zugriff erhielt.

Einen Werktag vor Kaufvertragsschluss über mehrere Gewerbeeinheiten in einem Einkaufszentrum, stellte die Verkäuferin das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 in den Datenraum ein. Diesem Protokoll war zu entnehmen, dass bauliche Maßnahmen an dem Kaufobjekt mit einem Kostenumfang von 50 Mio. € ausstanden. Es drohte damit eine Sonderumlage zu Lasten der Käuferin in zweistelliger Millionenhöhe.



Liegt eine Auskunftsverpflichtung vor?

Wie Bundesgerichtshof ausführt, war der Kostenumfang der drohenden Sonderumlage wegen baulicher Maßnahmen in Höhe von 50 Mio. € für die Klägerin von „erheblicher Bedeutung“. Bei einer Inaugenscheinnahme des Kaufobjekts seien die notwendigen Baumaßnahmen auch nicht ohne weiteres erkennbar gewesen. Wäre gegenteiliges der Fall gewesen, hätte dies gegen eine Pflicht zur Aufklärung sprechen können.

Durch das Einstellen des Protokolls zur Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 hat die Verkäuferin der Käuferin zwar die Möglichkeit gegeben, sich die Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand zu verschaffen. Dies war aber nicht ausreichend!

Übertragen auf die analoge Übergabe eines Ordners mit Unterlagen an den Käufer betonte der BGH, der Verkäufer könne nicht ohne weiteres erwarten, der Käufer werde den Inhalt des Ordners auf Mängel des Kaufobjektes überprüfen.

Die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den Käufer schließe, so der BGH, die Pflichten des Verkäufers zur Offenbarung nicht von vornherein aus.



Beim Kaufvertrag über Immobilien wird keine Due Diligence erwartet!

Bei einem digitalen Datenraumes könne deshalb allein aus dem Umstand, dass der Verkäufer den Datenraum einrichtet und den Kaufinteressenten Zugriff auf die Daten ermöglicht hat, nicht geschlossen werden, der Käufer nehme die offenbarungspflichtigen Informationen auch zur Kenntnis.

Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt sei, der Käufer werde bestimmte, von dem Verkäufer im Datenraum bereitgestellte Informationen wahrnehmen und in seine Entscheidung mit einbeziehen. Diese Erwartung sei etwa beim Unternehmenskauf im Rahmen einer Due Diligence berechtigt – beim Grundstückskauf nicht ohne weiteres.



Verkäufer sollte im Zweifel auf relevante Informationen hinweisen!

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hat die Verkäuferin nicht die berechtigte Erwartung haben können, die Käuferin würde die in dem Protokoll enthaltenen Informationen noch vor Vertragsschluss zur Kenntnis nehmen. Die Verkäuferin hat das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 einen Tag vor Abschluss des Kaufvertrages in den Datenraum eingestellt, ohne die Käuferin hierüber in Kenntnis gesetzt.

Die Käuferin habe, so der BGH, ohne gesonderten Hinweis auf das neu eingestellte Dokument keinen Anlass gehabt, in dem Zeitfenster zwischen dem Einstellen des Protokolls und dem Kaufvertragsschluss am folgenden Werktag noch einmal Einsicht in den Datenraum zu nehmen. Die Folge war die Rückabwicklung des Kaufvertrages, verbunden mit erheblichen Schadenersatzzahlungen der Verkäuferin – wegen der Verletzung der vorvertraglichen Auskunftspflicht.



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